Ischlag
Die Bezeichnung „Ischlag“ bei Wäldern bedeutet, dass diese – meist zum Schutz von Jungpflanzen vor Wildtieren – eingezäunt wurden.
Der Zoll-Ischlag inHünenberg hiess früher auch Farwen oder Buechholz. Der Name „Zoll-Ischlag“ kommt erst nach dem Bau der Zollbrücke über die Reuss im Jahre 1640 vor. Der Wald wurde wohl mit einem Zaun geschützt, weil viele Eichen für den Brückenbau geschlagen und junge Bäume gesetzt worden waren.
Hartholz-Auenwald «Zoll-Ischlag»
Hartholzauenwälder liegen an Fliessgewässern und werden, im Gegensatz zu Weichholzauen, nur selten überschwemmt. Typische Baumarten sind Stieleichen, Ulmen und Eschen.
Der «Zoll-Ischlag» ist ein Zeitzeuge eines solchen Auenwaldes. Durch die Begradigung der Reuss, der Nutzung der Wiesen für die Landwirtschaft und den Verkehr sowie durch die Kanalisierung des Drälikerbaches zum Binnenkanal fehlt die Überflutung heute. Jedoch sorgt der hohe Grundwasserspiegel dafür, dass weiterhin die nässeliebenden Baumarten der ehemaligen Hartholzaue in diesem Gebiet wachsen und gedeihen können.
Vergangener Generationen haben wir es zu verdanken, dass wir im Gebiet «Zoll-Ischlag» viele überdurchschnittlich alte Eichen bestaunen können. Axt und Säge machten vor ihnen halt. Die Korporation Hünenberg als Waldeigentümerin schätzt den landschaftlichen und ökologischen Wert dieser Baumgreise heute um so mehr.
Bei der Waldpflege werden diese Bäume konsequent geschont.
Im Jahre 2012 wurde am Waldrand eine Eiche vom Blitz getroffen und anschliessend aus Sicherheitsgründen gefällt. Auf Grund der Jahrringe wissen wir, dass dieser Baum vor ca. 250 Jahren als Keimling das Licht der Welt erblickt hatte. Stellen Sie sich vor, was diese Eiche uns alles erzählen könnte. Sie hat die Belagerung der helvetischen Republik durch Napoleons Truppen im Jahr 1798 ebenso miterlebt wie die Sprengung der Holzbrücke durch die Zuger im Sonderbundskrieg im Jahre 1847.
Die Eichen-Stabflechte
Ein weiteres Highlight im «Zoll-Ischlag» ist das Vorkommen der seltenen Eichen-Stabflechte (Bactrospora dryina). Die Krustenflechte kommt an regengeschützten Stammseiten alter Stiel- und Traubeneichen mit tiefrissiger Borke in tiefen Lagen vor. Jedoch nur bei Bäumen, deren Stamm dicker als 50 Zentimeter ist.
Die Eichen-Stabflechte ist eine leicht kenntliche, unverwechselbare Krustenflechte, die als Schirmart für zahlreiche, durchwegs seltene und gefährdete Flechten gilt. Mit ihrem grossflächigen, weissen Lager vermag sie die regengeschützten Stammseiten von meist leicht schief stehenden alten Eichen oft von der Stammbasis bis zum Astansatz zu überziehen. Wenn die Flechte fruktifiziert, ist die einheitliche, selten rissige Kruste von schwarzen, bis 1 mm grossen, rundlich gewölbten Fruchtkörpern des Pilzpartners übersät.
Beim Symbiosepartner der Eichen-Stabflechte handelt es sich um eine fädige Grünalge der Gattung Trentepohlia.
Die Art ist jedoch nirgends häufig und gilt in den meisten Ländern, wo sie noch vorkommt, als stark gefährdet.
Gegen das Aussterben der Eichen-Stabflechte
Flechten gehören in der Schweiz zu den am stärksten gefährdeten Organismen: Beinahe 40 Prozent der baum- und erdbewohnenden Arten gelten als gefährdet. Und 38 Spezies derselben Gruppe sind in der Schweiz ausgestorben. Das bedeutet, dass in der Schweiz mehr Flechten ausgestorben sind als Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien zusammen.
Von den 256 Waldarten sind mehr als 134 Arten gefährdet. Darunter besonders viele Arten, die auf die Borke alter Eichen angewiesen sind.
Im «Zoll-Ischlag» ist in einem zweijährigen Projekt versucht worden, das Vorkommen der Eichen-Stabflechte zu vermehren. Dazu wurde Flechtenmaterial an einer absterbenden Eiche gesammelt und samt Borkenstücken mit darauf wachsender Flechte an unbesiedelte Bäume geklebt.
Erfahrungen bei Versuchen mit anderen Flechtenarten zeigen, dass man sich auf Grund des langsamen Wachstums gut 20 Jahre gedulden muss, um den Vermehrungserfolg zu belegen. Überlebenswichtig für die Eichen-Stabflechte ist die Förderung von Eichen – die alten Bäume als aktuellen und die jungen Bäume als zukünftigen Lebensraum. Um dies langfristig zu sichern, wurde der «Zoll-Ischlag» als Waldnaturschutzgebiet ausgeschieden und wird dementsprechend seit Jahren gepflegt.
Langlebige Lebenwesen
Flechten zählen zu den langlebigsten Lebewesen und können ein Alter von mehreren hundert Jahren erreichen. Flechten siedeln sich gern auf dem Boden, auf Steinen und Bäumen an. Sie ernähren sich vor allem aus der Luft. Eine Flechte besteht aus einer Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz und einer Alge. Die Pilzfäden nehmen Wasser und Nährstoffen auf und die Algen wandeln diese Grundstoffe mit Hilfe der Sonneneinstrahlung in Nahrung (Assimilate) um. Die Eichen-Stabflechte überzieht die tiefrissige Borke von dicken Eichen mit einer gut sichtbaren, weissen Kruste. Für den Baum entstehen durch die oberflächliche Anhaftung keine Nachteile. Eichen unter ca. 50 cm Stammdurchmesser oder andere Baumarten können durch die Eichen-Stabflechte nicht besiedelt werden.
Interniertenlager
Während des zweiten Weltkrieges waren am 19./20. Juni 1940 über 12‘000 polnische Offiziere und Soldaten auf neutrales Schweizer Gebiet übergetreten. Die internierten Polen wurden vorerst in zentralen Lagern untergebracht. Nachdem sich diese grossen Interniertenlager nicht bewährt hatten, beschloss die zuständige Bundesbehörde, kleinere Abteilungen polnischer Internierter in dezentralen Arbeitslagern unterzubringen.
So kam Hünenberg im Dezember 1940 zu „seinem Polenlager“. Für die Internierten wurde im Zoll-Ischlag, zwischen Drälikon und Strimatt, in der Nähe des Pumpwerkes ein Lager mit sechs Baracken erstellt.
Die Internierten wurden vor allem zu Wald- und Rodungsarbeiten und im Strassenbau eingesetzt. So wurde unter anderem der Teil südlich der Drälikerstrasse beim Zoll-Ischlag von den Polen abgeholzt.
Das Lager wurde von einem Schweizer Offizier geführt, der die Verbindung zu den zivilen Instanzen sicherstellte und die Arbeitseinsätze koordinierte. Intern aber organisierten sich die Polen selbst und wurden von eigenen Offizieren geführt. Kontakte der Internierten mit der Hünenberger Bevölkerung waren nicht sehr rege, ausser dem Sanitätssoldat, der als Trompeter die Musikgesellschaft Hünenberg verstärkte.
Auch in den Gasthäusern blieben die Polen meistens unter sich. Im Dezember 1944 – nachdem die Polen noch an der Strasse Sins-Hünenberg gearbeitet hatten – wurde das Polenlager aufgelöst.
Das Barackendorf diente noch zwei Monate als Lager für internierte amerikanische Flieger. Im April 1945 benutzte man das Lager erneut, jetzt als Straflager für über 150 internierte Italiener, die hier eine Disziplinarmassnahme verbüssen mussten.
Kurz vor der endgültigen Auflösung zerstörte am 8. April 1946 ein Brand mehrere Baracken, glücklicherweise ohne dass Menschen zu Schaden gekommen wären.
Autoren: Patricia Diermeier Reichardt, Guido Wetli Fotos: Andreas Busslinger, Thomas Müller Quellen: HÜNENEBERG – Geschichte und Geschichten einer Zuger Gemeinde von Annemarie Setz-Frey, Dr. Ueli Ess und Klaus Meyer, 1998 |